Pflanzen sind in der Ernährung nicht wegzudenken. Wildkräuterfreunde, Pflanzenverliebte und nicht zuletzt die Chefköche dieser Welt haben es unter anderem auf essbare Blüten abgesehen. Sie machen jede Speise bunter, freundlicher, optisch attraktiver, bei entsprechendem Anrichten unter Umständen sogar exklusiver. Ein weiterer Grund essbare Blüten am Teller zu servieren ist natürlich der Geschmack. Und dann gibt es da noch einen weiteren Grund, der nicht ganz so offensichtlich ist, weil man ihn weder sieht, noch schmeckt. Die Rede ist von den Inhaltsstoffen, die die Pflanzen und somit auch ihre Blüten mit sich bringen. Dass letztere Tatsache auch die Wissenschaft beschäftigt, zeigt beispielsweise eine Studie (1), über die ich letztens gestolpert bin.

Die vier Wissenschafter der Medizinischen Universität in Szczecin (Polen) haben sich damit beschäftigt wieviel Gesamtprotein und -ballaststoffe in essbaren Blüten ausgewählter Pflanzen stecken. Die Wahl der Pflanzen fiel auf die Tulpenmagnolie (Magnolia × soulangeana), den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra L.), weißen und lila Flieder (Syringa vulgaris L.), die Robinie (Robinia pseudoacacia), Forsythie (Forsythia × intermedia), Wegwarte (Cichorium intybus L.), das Gänseblümchen (Bellis perennis), den Huflattich (Tussilago farfara L.), Löwenzahn (Taraxacum officinale F.H. Wiggers coll.), die Kornblume (Centaurea cyanus L.) und die Ringelblume (Calendula officinalis).

Ballaststoffe sind unverdauliche Kohlenhydrate, die der Gesundheit in mehrerlei Belange dienlich sind. Obwohl wir in Österreich wie auch in Deutschland ausreichend Angebot an Ballaststoffen zur Verfügung hätten um der Empfehlung von 30 g pro Tag nachzukommen, ist die Bevölkerung beider Länder unterversorgt (vgl. 2, 3). Die eingangs genannte Studie zeigt, dass nicht nur die bekannten Vertreter wie Getreide- und Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse Ballaststofflieferanten sein können, sondern auch essbare Blüten.

In der Diskussion der Studie werden die Ringelblumenblüten als Beispiel für die tägliche Ballaststoffdeckung herangezogen. Mit 62,33 g Ballaststoffen pro 100 g gefriergetrockneten Blütenblätter können sie sich durchaus sehen lassen. Im Vergleich dazu bringen es Leinsamen – die einem in Sachen Ballaststoffe wahrscheinlich eher einfallen – auf 27,3 g / 100 g. 1 Esslöffel á 12 g gefriergetrocknete Ringelblume enthält umgerechnet 7,44 g Ballaststoffe. Entsprechend deckt diese Menge 25 % die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen 30 g pro Tag bzw. 30 % der in der Studie genannten Referenzmenge von 25 g.
“The average daily requirement for dietary fibre is 25 g, also in the diet of athletes, and 100 g of freeze-dried marigold contains 62.33 g of total dietary fibre. One tablespoon (12 g) of freeze-dried calendula petals contains 7.44 g of fibre, that is, 30% of an adult’s recommended daily allowance (RDA) for this nutrient. (…) For the sake of comparison, the content of dietary fibre in (…) flaxseed 27.3 g/100 g; it is therefore evident that edible flowers are as good a source of dietary fibre as some of the best known high-fibre foods.”
Jakubczyk et al. Edible Flowers as a Source of Dietary Fibre (...) as a Potential Athlete's Dietary Supplement. Nutrients. 2022

Ob oder wie sehr sich der Ballaststoffanteil verhält, wenn man die Blütenblätter nicht gefriertrocknet, sondern (für normale Haushalte etwas praxisnäher) an der frischen Luft, konnte ich leider nicht herausfinden. Doch selbst, wenn es etwas weniger als wissenschaftlich beschrieben sein sollte, ist es dennoch bemerkenswert und meiner Meinung nach allemal ein Grund essbare Blüten als Ballaststoffquelle in Erwägung zu ziehen.

Wenn es um den Eiweißgehalt geht, freut es mich zu lesen, dass gleich nach der Magnolienblüte die Holunderblüte folgt. Nicht zuletzt, weil ich in den letzten Wochen wirklich viele davon verarbeitet habe; Rezeptideen dazu findet ihr unter dem Schlagwort “Holunder” – am besten immer wieder mal nachschauen, denn es werden stetig mehr.

Der Mittelwert, der in der Studie untersuchten Blüten, lag bei erstaunlichen 14,24 g Eiweiß pro 100 g. Die Blüten des Schwarzen Holunders bringen es sogar auf 19,7 g / 100 g. Das ist die Eiweißliga in der auch Thunfisch (ca. 20 g) oder Feta (ca. 18 g) spielen. Sojabohnen hingegen sind ihm mit ca. 13 g unterlegen. 100 g von letzteren drei lassen sich aber natürlich leichter verzehren als 100 g getrocknete Holunderblüten. Dennoch zeigt es auf, dass essbare Blüten einen deutlichen Beitrag in Sachen Eiweißzufuhr leisten können.
“Edible flowers can contribute to the daily supply of protein, but further research is needed, especially to analyse the amino acid profile of different plant species.”
Jakubczyk et al. Edible Flowers as a Source of Dietary Fibre (...) as a Potential Athlete's Dietary Supplement. Nutrients. 2022

Der Nährstoffgehalt in Pflanzen ist artenspezifisch. Dennoch dürfte der Trend Familiensache sein. Während die Blüten der Korbblütler (Asteraceae) einen signifikant höheren Ballaststoffgehalt haben, punkten die Blüten der Olivengewächse (Oleaceae) im Gesamtproteingehalt.
“Flowers of species belonging to Asteraceae were observed to have a significantly higher content of total fibre (…). On the other hand, flowers from the olive family were characterised by a higher total protein content; thus, nutritional content is species-specific.”
Jakubczyk et al. Edible Flowers as a Source of Dietary Fibre (...) as a Potential Athlete's Dietary Supplement. Nutrients. 2022

Interessant ist auch, dass die Studie zeigte, dass die untersuchten Blüten, die eine gute Gesamteiweißquelle darstellen, einen deutlich geringeren Gesamtballaststoffgehalt aufweisen. Es empfiehlt sich also ein guter Mix um eine möglichst gute Abdeckung zu erreichen.
“Flowers which are a good source of total protein contain significantly less total dietary fibre.”
Jakubczyk et al. Edible Flowers as a Source of Dietary Fibre (...) as a Potential Athlete's Dietary Supplement. Nutrients. 2022
Ich bin die Letzte, die einen wissenschaftlichen Beweis braucht um Pflanzen – oder wie in dem Fall essbare Blüten – zu essen. Die Wissenschaften hinken der Realität naturgemäß immer etwas hinterher. Die Menschheit hat Jahrhunderte Erfahrung im Umgang mit Pflanzen! Es dauert halt seine Zeit die Thesen, die seit Menschengedenken aufgestellt wurden, zu prüfen, zu veri- oder falsifizieren. Wenn es einen Beleg gibt, nehme ich ihn gerne. Wenn er fehlt, halte ich mich persönlich daran was erfahrungsgemäß gut funktioniert und bin gespannt was die Wissenschaften noch alles rausfinden.

Verwendete Literatur:
(1) Jakubczyk K, Koprowska K, Gottschling A, Janda-Milczarek K. Edible Flowers as a Source of Dietary Fibre (Total, Insoluble and Soluble) as a Potential Athlete’s Dietary Supplement. Nutrients. 2022 Jun 14;14(12):2470. doi: 10.3390/nu14122470. PMID: 35745200; PMCID: PMC9231144.; Letzter Zugriff: 26.06.2025
(2) AOK Gesundheitsmagazin. In welchen Lebensmitteln stecken die meisten Ballaststoffe drin? 24.03.2022, aktualisiert 22.08.2024, letzter Zugriff 22.06.2025
(3) Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Gesundheit.gv.at. Ballaststoffe. Letzter Zugriff 22.06.2025
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